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Wie geht es Dir?

Worte für den Tag | Worte auf den Weg – von Barbara Manterfeld-Wormit


Wie geht es Ihnen heute? Jeden Mittwoch beginnt mein Tag mit dieser Frage. Sie ist ernst gemeint. Jeden Mittwochmorgen gehe ich zur Physiotherapie. Verspannungen an der Halswirbelsäule, die ausstrahlen. Zuviel Sitzen an Schreibtisch und Computer, einseitige Belastung. Das übliche eben. Ich lerne jetzt Übungen für zuhause und bekomme Massagen. Seitdem geht es besser. Liegt an den Massagen und Übungen, die ich tatsächlich auch zuhause mache, und an dieser Frage: Wie geht es Ihnen? Gerade bei Verspannungen gehört ja beides oft zusammen: der eingeklemmte Nerv mit einer inneren Enge und Beklemmung, die Muskelverhärtung mit anderem Kummer und Ärger.
Was willst Du, das ich Dir tue? fragt Jesus Menschen, die zu ihm kommen. Darin lag immer beides - echtes Interesse durch die Frage: Wie geht es Dir? und Zuwendung durch die Folgefrage: Was brauchst Du heute? Was kann ich heute für Dich tun? Die Fragen führen zum Wesentlichen, hinein ins Innerste: zu meiner Bedürftigkeit und Sehnsucht. Zu allem, was ich mir selber selten eingestehe, weil es peinlich ist, weil ich es vielleicht nicht einmal selber weiß oder niemand danach fragt. Dabei wären in einem Zustand der Daueranspannung, in dem wir uns als Gesellschaft seit langem Befinden, Fragen wie diese so wichtig. Ich bin mir sicher, manch eine Verhärtung, manche Anspannung würde sich lösen. Stattdessen funktionieren wir so gut es geht weiter, wenn auch schlecht.
Als mein erster Termin beim Physiotherapeuten nicht mit einem Behandlungsplan begann, sondern mit dieser Frage, hätte ich jedenfalls fast losgeheult. Warum kann ich nicht einmal sagen. Es war vielleicht einfach die Tatsache, dass da jemand so überraschend fragt – mitten in der Woche zu Beginn des Tages, wo sonst alle Zeichen auf Start stehen, Dinge zu erledigen und Aufgaben zu bewältigen sind und so garkeine Zeit ist für Befindlichkeiten. Kommt da einfach einer und drückt die Pause-Taste mit der simplen Frage: Wie geht es Ihnen? Und ich liege da platt auf der Behandlungsliege unter einer wärmenden Decke, Gesicht nach unten und es gibt keinerlei Ausflüchte mehr. Meine Antwort war kurz, ungeschminkt und ehrlich. Das tat gut. Danach konnte es losgehen. Wie geht es Dir eigentlich? Was kann ich für Dich tun? - das sind zutiefst weihnachtliche Fragen. Erst wenn sie gestellt sind, kann es wirklich losgehen.


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