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Vielleicht morgen

Worte auf den Weg/Worte für den Tag vom 19. Dezember 2022 von Barbara Manterfeld-Wormit. Zum Gedenken an die Opfer des Völkermordes an den Sinti und Roma

Zum Kostbarsten in meinem Leben gehört die Musik. Sie ist ein zeitloses Geschenk  – überreicht von zahllosen Komponisten und Interpretinnen: egal ob Jazz, Klassik, Oper, Funk oder Volksmusik. Heute möchte ich aus aktuellem Anlass einen spannenden Mix mit Ihnen teilen: Django Reinhardt mit seiner Version von Peter Tschaikowskys Sinfonie „Pathetique“ – klingt nach Weihnachten und Winter.

Jean-Baptiste Reinhart lebte mit seinen Eltern in einem Wohnwagen in Paris. Er war Sinti. Aus deren Sprache Manousch stammte sein Künstlername Django, was so viel bedeutet wie: Ich erwache!
So etwas wie ein zweites Erwachen muss es gegeben haben im Leben dieses großen Musikers: Sein Wohnwagen ging in Flammen auf. Django erlitt schwere Brandverletzungen, vor allem an der Hand und an einem Bein. Er wehrte sich gegen eine drohende Amputation und kämpfte gegen das Schicksal, nie wieder Gitarre spielen zu können. Unermüdlich übte er und das mit Erfolg. Die Zeit der deutschen Besatzung während des Krieges tat seiner Beliebtheit und seinem Erfolg keinen Abbruch. Seine Musik kam an und blieb in aller Ohren.
Django war ein begnadeter Musiker – und ein chaotischer Künstler. Zu Konzerten erschien er drei Stunden zu spät – er ging auf Tournee ohne ein einziges Instrument im Gepäck. Sorglos. Mit einem unerschütterlichen Grundvertrauen. Vom Musikerkollegen Duke Ellington stammt der Ausspruch: „Ich habe immer gesagt, dass Django ein Mann von großem Glauben war, weil ein gläubiger Mensch ein Optimist ist, der an morgen denkt. Und einer der Lieblingsaussprüche Djangos war: Vielleicht morgen!“     
Heute ist der internationale Gedenktag für die Opfer des Völkermordes an den Sinti und Roma. Django Reinhardt hat ihn überlebt. Und uns seine geniale Musik hinterlassen – verbunden mit einer genialen Haltung: Aufwachen, aufstehen, weitermachen, auch wenn vieles dagegen spricht. Ein Mann von großem Glauben, weil ein gläubiger Mensch denkt: Vielleicht morgen!


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